PETRA PELZ
MEISTERIN DER NATURALISTISCHEN GARTENGESTALTUNG
TEXT: MARION LAGODA, FOTO (HEADER): PETRA PELZ
Auszug aus:
GARTENDESIGN INSPIRATION
Das Magazin für Gartengestaltung und Gartengenuss
Ausgabe 1|2017
JETZT EINZELAUSGABE BESTELLEN
Petra Pelz ist ein Star der internationalen Gartenszene und eine der führenden Designerinnen, die das „New Perennial Movement“ vorantreiben. Diese Strömung rückt Stauden und Gräser, nach Lebensbereichen sortiert, in den Fokus. 2005 wurde die Landschaftsarchitektin mit dem Landscape Design Award gewürdigt, einer Auszeichnung, die ihr die nordamerikanische Perennial Plant Association für ihre Beetgestaltung auf der IGA Rostock verlieh.
GRÄSER UND STAUDEN IM MITTELPUNKT
Petra Pelz sitzt vor ihrem Laptop und legt letzte Hand an die Planung ihrer Beete auf der diesjährigen Internationalen Gartenausstellung (IGA) in Berlin. Im Grunde ist alles fertig, die Stauden bereits seit Monaten in der Erde. An einer Pflanzung mit Sommerblumen tüftelt sie noch. „Sommerblumen habe ich erst vor noch gar nicht langer Zeit für mich entdeckt“, sagt die Landschaftsarchitektin. Seither streut sie sie gern ein in ihre großflächigen Beete aus Gräsern und wildhaften Stauden, für die die Designerin berühmt ist, und die sie auch im eigenen Grün mit Vorliebe einsetzt. Vor Kurzem erst hat sie ihren Garten neu angelegt. Man kennt ihren alten Garten in Magdeburg aus Büchern und Magazinen. Auch dort waren Gräser und robuste Stauden die Protagonisten und natürlich der markante himmelblaue Pavillon, ein bisschen erhöht. Aber Petra Pelz ist weggegangen aus Ostdeutschland, hat ihr Glück gefunden in Sehnde bei Hannover. Ein neues Heim, ein neues Büro, ein neuer Garten; vor allem der Garten war wichtig, als Experimentierfeld und als Schauanlage für ihre Kunden, die sie nach wie vor gern zu sich nach Hause einlädt, um zu zeigen, was sich zum Beispiel mit Dutzenden Horsten aus Japanwaldgras, Chinaschilf und Rutenhirse, mit Goldbandrute und Herbstanemonen, mit Astern, Schneefelberich und zwanzig Sorten Allium Großartiges anstellen lässt.
GÄRTNERN IN DER DDR
Petra Pelz hält Vorträge im In- und Ausland und hat bereits mehrere Bücher veröffentlicht. Doch wenn man mit ihr redet, ihr zuhört, wie sie über ihre Arbeit spricht, erlebt man vor allem eine leise Frau, eine, die genau weiß, was sie tut, und das für absolut richtig hält, aber davon nicht viel Aufhebens macht. Und mitunter hat man den Eindruck, dass der Erfolg sie selbst verwundert. Denn in die Wiege gelegt wurde er ihr nicht.
Petra Pelz wuchs in Magdeburg auf und verbrachte eine DDR-typische Kindheit und Jugend. Eine gärtnernde Mutter hatte sie, eine Leidenschaftlerin, die mit ihren Freundinnen begeistert Saatgut und Stauden tauschte. „Ansonsten fand ich Gärtnern eher öde, weil ich immer nur zum Rasenmähen und Unkrautzupfen herangezogen wurde“, erinnert sie sich. Doch nach der Schule wusste sie nicht recht, was sie machen sollte. Gärten und Pflanzen waren ihr immerhin vertraut, und so absolvierte sie eine Lehre als Facharbeiterin für Grünanlagen, studierte dann Gartenbau in Erfurt, machte ihr Diplom als Freie Landschaftsarchitektin und arbeitete schließlich als Projektleiterin im Gartenamt von Magdeburg, wo sie, wie sie sagt, „mehr oder weniger den Mangel verwaltete“.
Und dann kam die Wende. „Eine spannende Umbruchzeit, deren Bedeutung sich einem erst später erschloss“, so Petra Pelz. „Plötzlich schien alles möglich, nichts war festgelegt, alles offen“. 1993 machte sich Petra Pelz mit ihrem damaligen Mann selbstständig – mit Erfolg. Als Kompensation für die Bodenversiegelungen, die mit den wie Pilze aus dem Boden schießenden neuen Betrieben einhergingen, mussten Ausgleichsflächen geschaffen werden. An Aufträgen gab es also keinen Mangel. Petra Pelz gestaltete Privat- und Firmengärten, aber auch öffentliches Grün.
KOOPERATION MIT WOLFGANG OEHME
Ein Buch und eine Begegnung gaben ihrem Leben dann noch einmal einen besonderen Dreh, eine Wendung, die letztendlich ebenso prägend für sie sein sollte wie die politischen Umbrüche jener Zeit. 1993 fiel ihr das Buch „Die neuen romantischen Gärten“ von Wolfgang Oehme und James van Sweden in die Hände. Oehme, ein Kauz und einer der berühmtesten Landschaftsarchitekten des späten 20. Jahrhunderts, war in den 1950er Jahren aus Deutschland in die USA ausgewandert, wo er mit James van Sweden ein Landschaftsarchitekturbüro gründete. Mit ihrem seinerzeit noch unkonventionellen Stil, nur drei, vier, höchstens fünf Arten von Stauden und Gräsern in großen Massen auf fußballfeldgroße Flächen zu pflanzen, hatten sie sich in den Vereinigten Staaten einen Namen gemacht. Petra Pelz studierte das Buch, betrachtete fasziniert die Fotografien mit Pflanzungen aus Hirsen, Seggen, Simsen und den typischen Oehme-Stauden wie Rudbeckien, Sedum, Wasserdost und Blauraute, Wolfsmilch und Wiesenknöterich, Pflanzungen mitunter bis zum Horizont. Der Funke sprang sofort über und in ihrer Begeisterung schrieb sie Oehme spontan einen Brief. „Er antwortete postwendend, und ein paar Monate später stand er vor meiner Tür“, sagt Petra Pelz lachend.
Es entstand eine Freundschaft, die bis zu Oehmes Tod im Dezember 2011 andauern sollte. Es war eine typische Win-Win-Situation. Wolfgang Oehme fühlte sich seiner alten Heimat auch nach all den Jahren in den Vereinigten Staaten verbunden und sah die Gelegenheit, in einer Kooperation mit der jungen Kollegin Projekte in Deutschland zu verwirklichen. „Wolfgang machte die Pflanzpläne in den USA, ich setzte sie in Deutschland um und musste dafür die entsprechenden Gärtnereien finden, die mir genau diese Pflanzen und zwar in solchen Massen liefern konnten. War damals nicht ganz einfach“, so Petra Pelz. Sie wiederum lernte von dem Meister, ließ sich anstecken von seiner Begeisterung für Pflanzen und reiste an die Naturstandorte der Stauden und Gräser, die er in seinen Gärten verwendete, in die nordamerikanischen Prärien, in die slowenischen Berge, das Friaul. „Die Arbeit mit Stauden war mir bis dahin eher fremd“, erklärt sie. „Ich fand es immer sehr komplex und schwierig, Stauden zu verwenden.“
RICHARD HANSEN REVISITED
Denn selbstverständlich hatte auch Petra Pelz ihren Hansen gelesen, das Standardwerk „Die Stauden und ihre Lebensbereiche“ des deutschen Gartenbauwissenschaftlers Richard Hansen. Doch im Gegensatz zu Hansens ökologischem, aber auch etwas verkopftem Credo, alle Pflanzen im Garten strikt nach ihrem Habitat zu sortieren, geht Petra Pelz spielerischer mit ihren Gewächsen um, probiert aus, was vielleicht so nicht im Lehrbuch steht, und schaut, ob es funktioniert. „Ich schätze die Lehren von Hansen wirklich sehr. Es ist eine gute, fundierte Grundlage, die inzwischen auch international anerkannt ist. Ich finde nur, man sollte Grenzen ausloten und nicht so dogmatisch damit umgehen“, sagt Petra Pelz. Natürlich käme es ihr nie in den Sinn, eine Sumpfpflanze an einen trockenen Standort zu pflanzen. „Doch Pflanzen sind durchaus tolerant“, so die Designerin. „Der Wiesenknöterich zum Beispiel sollte eigentlich einen sonnigen bis halbschattigen Standort haben. Bei mir gedeiht er auch im Schatten.“
DURCHBRUCH AUF DER BUGA MAGDEBURG
1999 fand dann die Bundesgartenschau (BUGA) in Magdeburg statt. „Man wollte dafür auch einen lokalen Planer und fragte bei mir nach“, sagt Petra Pelz. „Ich war damals völlig unbekannt, aber das war meine Chance.“ Ihre Pflanzungen sorgten für Aufsehen und machten die Landschaftsarchitektin auf einen Schlag berühmt. Gleichwohl stieß ihr Stil bei vielen Kollegen auf Befremden. Von „Monokulturen“ und „öden Massenpflanzungen“ war die Rede. In Deutschland gärtnere man eben sehr wissenschaftlich, meint Petra Pelz. „Es gibt da sehr klare, festgelegte Vorstellungen, die für Kreativität jedoch keinen Platz mehr lassen.“ Petra Pelz ist sicher, dass sie ihre unkomplizierte Art, an die Bepflanzung ihrer Beete heranzugehen, auch der damaligen Aufbruchsstimmung in Ostdeutschland zu verdanken hat. „Die Experimentierfreude war groß, und da ich zwar standortbezogen pflanzte, aber Hansen noch nicht so verinnerlicht hatte, probierte ich einfach aus“, erklärt sie. So habe sie Erfahrungen gesammelt, positive wie negative. „Niederlagen sind ja auch wichtig. Diese Erkenntnisse waren dann eine wertvolle Grundlage für die nächsten Planungen. Neugierde und etwas ausprobieren: Das schult am besten.“
GROSSZÜGIG AUF KLEINEM MASSSTAB
Von der anfänglichen Skepsis ihrer Kollegen hat sich Petra Pelz nie beirren lassen, sie ist ihren Weg gegangen. Es folgten weitere Gartenschauen, unter anderem in Koblenz und Hamburg mit von ihr geplanten spektakulären Anlagen. Doch die Landschaftsarchitektin sah die Chance ihrer Pflanzungen auch für öffentliches Grün. „All diese Gewächse sind schließlich relativ pflegeleicht. Das spart Ressourcen und Geld“. Ein Argument, dem sich heute kein Stadtkämmerer mehr verschließen kann. Gräser und Storchschnäbel statt Eisbegonien und Leberbalsam: Auch dies ein Trend, den Petra Pelz mitinitiiert hat. Längst hat sie ihren eigenen, unverkennbaren Stil gefunden.
Der Monumentalismus ihres Lehrmeisters Oehme lässt sich im üblich bemessenen deutschen Hausgarten schließlich kaum umsetzen. „Die Kunst besteht darin, diese Pflanzungen auf den Maßstab des Gartens herunterzubrechen und dennoch ihre Großzügigkeit beizubehalten. Manchmal ist es eine Gratwanderung“, gibt Petra Pelz zu. Aber auch in diesem Zusammenhang seien Gräser hilfreich. „Hohe Gräser wie etwa das Chinaschilf bilden Räume und verwischen die Grundstücksgrenzen. Das lässt den Garten größer erscheinen, als er ist.“
ÄSTHETIK ZU JEDER JAHRESZEIT
Ein Trick, den sie auch in ihrem eigenen, durchaus überschaubaren Grün in Sehnde einsetzt. Und auch ein weiteres ihrer Pflanzrezepte kommt hier zum Tragen, nämlich ein Grundgerüst aus Gehölzen und stabilen Gewächsen wie etwa Japanischem Waldgras (Hakonechloa macra), Chinaschilf (Miscanthus sinensis) und der Indigolupine (Baptisia australis) anzulegen. In diese Strukturpflanzen setzt sie bewährte Blüher, im Frühling unzählige Wildtulpen, Krokusse und Narzissen und ein breit gefächertes Spektrum von Allium-Arten. Später im Jahr übernehmen unter anderem Dreiblattspiere (Gillenia trifoliata), tiefblauer Eisenhut (Aconitum ‚Henry Spark‘), die duftige Wiesenraute (Thalictrum rochebrunianum) und eine wogende Partie von Schneefelberich (Lysimachia clethroides) diese Aufgabe. Und im Herbst bestimmen dann Kerzenknöterich (Persicaria amplexicaulis) mit dunkelroten Blütenähren, Astern in einer Palette von Reinweiß über Violett bis Blau, verschiedene Wildformen der Dahlie sowie einjährige hohe Salbeiarten mit einem schier unglaublichen Blau die Szenerie. Allesamt Pflanzen mit „guten Eigenschaften“, wie Petra Pelz es nennt. Blüten, so sagt sie, seien ihr schon wichtig, aber viel wesentlicher seien Laub und Habitus, weil die nun mal länger währten als der Flor. All ihre Gräser und Stauden müssten vom Austrieb bis zum Absterben attraktiv bleiben. Selbst im Winter verlangt sie ihnen ein annehmbares Erscheinungsbild ab. Auch im Vergehen sollten Pflanzen ästhetisch sein. „Haltung bewahren“, sagt Petra Pelz, „darum geht es doch, im Garten wie im Leben.“
Jetzt Abonnent werden und keine Ausgabe mehr verpassen: